Ein Hund wurde ausgesetzt – was soll ich tun?

Es mag abgedroschen klingen … aber gerade jetzt, wo die Urlaubssaison startet und Reisen nahezu uneingeschränkt wieder möglich ist, steigt die Zahl ausgesetzter Hunde (und anderer Haustiere) enorm an. Tierheime rechnen insbesondere nach der Pandemie, in der so manches Tier vielleicht ein wenig unüberlegt angeschafft wurde, mit einer Welle an zurückgelassenen Tieren, für die keine geeignete Betreuung gefunden werden kann. 

Zum internationalen Tag gegen das Aussetzen von Haustieren, der jährlich Ende Juni begangen wird, erklärt unsere Tierärztin Dr. Antonia Maria Klaus im Interview, was es zu beachten gibt, wenn man einen Hund am Straßenrand findet, welche rechtlichen Voraussetzungen existieren und wie man ein verlassenes Tier aufnehmen kann.

Was soll man als Erstes tun, wenn man an der Straßenseite einen Hund findet, von dem man denkt, er könnte ausgesetzt worden sein?

A: Den Hund sichern, aber das ist oft leichter gesagt, als getan. Viele Hunde sind verschreckt und lassen sich nicht einfach so einfangen. Bringt euch und den Hund durch Hinterherlaufen in Straßennähe nicht in Gefahr! Generell gilt: Anlocken, nicht einfangen. Am Besten kontaktiert ihr professionelle Hilfe durch die Tierrettung.

Wie kann man sichergehen, dass es definitiv ein Straßenhund ist?

A: Auf den ersten Blick gibt der Pflegezustand einen Eindruck, ob der Hund durch Menschen gut versorgt wird oder nicht. Außerdem gibt es regionale Hinweise, denn es gibt Länder, in denen Straßenhunde häufiger sind. Könnt Ihr ein Halsband erkennen? Eine Tätowierung? Einen Chip mit einer Identifikationsnummer könnt ihr nicht sehen, denn er ist unter der Haut implantiert. 

Was wäre die Rolle des Tierarztes?

A: In erster Linie kommt ein gefundener Hund in das regionale Tierheim. Dort gibt es, ebenso bei der  Feuerwehr und bei der Tierrettung, Auslesegeräte für den Mikrochip der Hunde. Zu einer Tierärztin wird der Hund gebracht, wenn es Anzeichen von Verletzungen o.ä. gibt. 

Wichtig ist, dass ihr Folgendes wisst: Wenn ihr mit einem gefundenen Hund zu einer Tierarztpraxis geht, seid ihr in dem Moment die Besitzer. Ihr zahlt die Untersuchungen und ihr seid die Ansprechpartner. Tierärzte sind nicht verpflichtet, ein gefundenes Tier umsonst zu behandeln!

Welche Untersuchungen würde ein Tierarzt vornehmen?

A: Tierärzte überprüfen, ob der Hund gechippt ist und ob die Identifikationsnummer registriert ist. Außerdem schauen wir nach Tätowierungen oder anderen Hinweisen auf menschliche Bezugspersonen. Der Allgemeinzustand des Hundes wird untersucht. Ist er dehydriert oder hat er Mangelerscheinungen? Gibt es Verletzungen? Wie alt ist der Hund ungefähr? 

Was ist, wenn man in einem EU-Land ein Tier findet, das man gerne mit nach Hause nehmen möchte?

A: Informiert euch in der Region – kennen die Anwohner das Tier? Nehmt euch ein paar Tage Zeit, das Umfeld zu beobachten – hängen Suchzettel aus? Wird Futter ausgelegt, weil jemand sein vermisstes Tier anlocken will? Geht zu Tierärzten in der Nähe! Diese schauen, ob das Tier registriert ist, vielleicht kennen sie es ja sogar. Außerdem helfen sie euch, die Reisebestimmungen einzuhalten. Denn man darf niemals ein Tier ohne Papiere mit über die Grenze nehmen – das ist illegaler Tiertransport, auch wenn es aus den besten Absichten heraus geschieht! 

Wie sind die rechtlichen Regelungen in diesem Fall? 

A: Vor einer Grenzüberquerung muss das Tier gechippt, geimpft und – je nach Land – entwurmt werden. Das Wichtigste ist hierbei die Tollwutimpfung. Hunde dürfen ab der 12. Lebenswoche geimpft werden und die Impfung muss bei Grenzüberquerung drei Wochen alt sein. Das heißt, dass ihr wirklich Zeit einplanen müsst. Es hat sich oft so ergeben, dass die Finder den Hund impfen lassen und ihn dann bei einer Tierschutzorganisation, Tierheim, Tierfreunden etc. lassen und ihn abholen, sobald der Transport legal möglich ist.


Unsere Tierärztin Antonia

Dr. Antonia Maria Klaus ist sowohl Tierärztin als auch ausgebildete Ernährungsexpertin für Hunde. Wenn sie uns nicht mit ihren hilfreichen Tipps für Hundehalter*innen auf dem deutschen Markt unterstützt, praktiziert sie in einer Tierarztpraxis in Bonn und genießt ihre Freizeit mit Labrador-Rüde Nando.

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